Wie eine Staubwolke von Noten

Die Wahl des Orchestervorstands, die Gespräche in der Pause, die Verabschiedung der Pensionäre, der Umgang mit Gastdirigenten, die Reaktionen auf Neue Musik, die Routinen und ihre Störungen: ein Sinfonieorchester spielt nicht nur Konzerte, es ist auch ein mittelständischer Betrieb und ein sozialer Mikrokosmos. 1975 begab sich der Autor für ein halbes Jahr in diesen Mikrokosmos und machte sein Innenleben eindringlich und doch behutsam hörbar. Jahrzehnte später hat sich so viel nicht verändert.

 

Ekkehard Saß (1932–2018), geboren in Berlin, begann seine Radiolaufbahn 1952 beim RIAS als Sprecher und in kleineren Hörspielrollen. Später studierte er Romanistik und Gesang, wurde 1960 Nachrichtensprecher in Baden-Baden und war von da an Autor vor allem von Radio-Features. Im Alter beschäftige er sich mit Buddhismus und veröffentlichte ein Buch dazu. „Wie eine Staubwolke von Noten“, das 1976 den Prix Italia gewann, hatte den größten Erfolg; andere Radioarbeiten waren: „Verordnete Verhältnisse – zum Thema Krankenhaus“ (HR 1981), Brenners Parkhotel. Ein Blick hinter die Kulissen eines Luxusetablissements (SWF 1986), „Tonbandprotokolle: Rückblick eines Hörfunkautors“ (BR 1992).

Verkaufskanonen

Man nannte sie Marktschreier, fliegende Händler, Propagandisten. Lange Zeit bevölkerten sie die Innenstädte und zogen mit ebenso kunstvoller wie lauter Rhetorik Kundinnen und Kunden in ihren Bann. Heute sind sie selten geworden. Das Feature von 1976, ein reines Original-Ton-Stück, fängt sie auf doppelte Weise ein: mit eindrucksvoller Peroformance bei der Ausübung ihres Berufs und, verhaltener, als Analysten ihres Gewerbes. Der Autor Henryk M. Broder hat hier eine ungewohnte Rolle als polemikfreier Dokumentarist.

 

Henryk M. Broder, geboren 1943 in Kattowitz, Publizist, Schriftsteller und Journalist. Anfänge u.a. bei den St-Pauli-Nachrichten, einer Zeitschrift für Erotik und linke Agitation, heute Mitbetreiber des rechtskonservativen Blogs „Die Achse des Guten“. Zahlreiche Bücher, Artikel, Fernsehsendungen, oft provokativ und oft um die Themen Antisemitismus, Israel und Islam kreisend. In den 70er-Jahren auch sehr aktiv als Rundfunkautor für den WDR. 2015 erschien: „Das ist ja irre! – Mein deutsches Tagebuch“.

Meine Schwester Ursel

Es ist das Feature mit der laufenden Nummer 755 des Rundfunks der DDR.
Und es beginnt mit einem Klavierstück, darauf die männliche Ansage: „Meine Schwester Ursel – Aus dem Alltag einer Bezirksschwester in Berlin, Prenzlauer Berg. Eine Sendung der Feature-Abteilung von Karheinz Tesch.” Das Klavier wird nach 34 Sekunden langsam ausgeblendet und macht Platz für O-Ton 1: Bezirks-Schwester Ursel gibt einen ersten Überblick über ihren Tagesablauf: Die morgendlichen Diabetiker-Spritzen. Die Arbeit in den „Dienststellen“ und „vor Ort“. „Wasch-Patienten“, „Fütter-Patienten“, im Winter die „Kälte-Patienten“, die täglich und individuell „abgewickelt“ werden. Nach den Wohnungsbesuchen „gehen wir zurück ins AMBO, unseren Stützpunkt, melden uns in der Leitstelle…“. Ende Oton 1. Nach kurzer Zwischenmusik startet die „Atmo Treppenhaus“ und „O-Ton 2“, Schwester Ursel auf Hausbesuch bei Frau Teubert. Was macht das Bein? Wie geht‘s dem Sohn? Dem Meerschweinchen?

Schwester Ursel kümmert sich. Sie organisiert, sie hat ein Auge auf ihre Patienten im Ostberliner Kiez: sie telefoniert verantwortungslosen Verwandten hinterher und redet ihnen ins Gewissen, weil sie der „Muddi“ zum Winter hin keine Kohlen besorgt haben. Sie hakt nach und sorgt vor. Sie trägt Informationen und Nöte von unten nach oben und wieder zurück. Sie hat den Draht zur Volkssolidarität, zu den Krankenhäusern, dem ABV und den Diensthabenden aus der Sozialkommission, sie vermittelt Kühlschränke und Fernsehgeräte und Bringdienste.
Der Staat kümmert sich.
In Schwester Ursel findet sich der gesamte Selbstanspruch des sozialistischen Wohlfahrt-Staates der DDR exemplarisch personifiziert. Und wird vom Autor Karlheinz Tesch mit allen Mitteln der akustischen Reportage in Szene gesetzt: alternierend zwischen erzählendem O-Ton und aktiv szenischem Geschehen, in Form von Patientenbesuchen und Diensttelefonaten, eröffnet sich dem Hörer, wie nebenbei und vielleicht doch ganz zentral, das Bild eines aktiven, intakten Sozialsystems in der Alltagswelt der DDR 1986, drei Jahre vor ihrer Implosion.

Was haben wir hier also? Ein handwerklich solide gebautes und klassisch inszeniertes und in weiten Teilen szenisches, „sich selbst erzählendes“ Feature. Punkt. Aber wirklich interessant wurde das Stück für mich erst, als ich es Nadia, einer begeisterten Radio-Hörerin in die Hände gab. Sie hat 1986 selbst im Berliner Prenzlauer Berg gelebt und ich hatte den Verdacht, das Stück könne sie aus verschiedenen Gründen interessieren und sie fand es tatsächlich: furchtbar! Es sei die Sprache, sagte Nadia, die ihr das Stück unheimlich mache. Die Sprache des Systems, die in Feature verpackte Propaganda eines untergehenden Regimes. Die Telefonate, das Überwacherische, eine Terminologie, in der die gute Schwester letztlich doch nur zum verlängerten Arm des Staates mutiert, der bis in die Privatwelt des Einzelnen reichte. Empfindlichkeiten. Ich staune. Hier hört also jemand sprachliche Kodierungen heraus, auf die man den west-sozialisierten Hörer erst mit der Nase stoßen muss. Durch diese Skepsis sensibilisiert und mit dieser auf Propaganda fokussierten Lesart, habe ich das Stück ein zweites Mal gehört und sah mich mit zwei Fragen konfrontiert, die mir bisher kein Feature aus unserer Sendereihe so dringend gestellt hat:

– erstens die all time favorite Frage nach der Authentizität: Sind das freie, „unverfälschte“ Aufnahmen? Theoretisch wissen wir natürlich, dass es sie nicht gibt, nicht geben kann. Unabhängig vom politischen System, in dem wir unser Mikrofon in die Wirklichkeit strecken, allein dadurch, dass wir zu erkennen geben, dass wir aufzeichnen, haben wir die unmittelbare und „unverfälschte“ Situation schon versaut. Schwester Ursel vergisst bei ihren Patientenbesuchen zu keinem Zeitpunkt den guten Herrn Tesch, der ihr auf Schritt und Tritt durch Treppenhäuser und Wohnungen folgt und ihr das Mikro unter das Kinn hält… Der Autor schafft die Bühne, der Protagonist inszeniert sich selbst. Unvermeidlich vielleicht. Und noch weniger unbefangen sind hier wahrscheinlich die Patienten selbst, die plötzlich einen fremden und verkabelten Mann in der Wohnung stehen haben… Diese Illusion können wir also getrost fahren lassen, egal ob die Aufnahmen in Berlin oder Wuppertal entstanden sind: das Mikro verwandelt Wirklichkeit unweigerlich in eine Bühne.

– die andere Frage allerdings, die das Stück mir stellt: Wie können zwei nebeneinander wohnende Hörer ein Feature so unterschiedlich wahrnehmen? Das Stück hat für Nadia offensichtlich einen immerzu mitlaufenden Subtext, der mir komplett verborgen geblieben ist. Brummen denn alle unsere Sozialisierungs-Kontexte ständig mit, wenn wir zum Beispiel gesprochene Sprache hören? Dass unsere individuelle Wahrnehmung gleichzeitig tief verwurzelt ist in unterschiedlichste Rückkopplungssysteme, dass sie kulturelle, soziale und generationelle Netze bildet, die unser Selbstverständnis prägen, das ist uns theoretisch durchaus bewusst, selten aber zeigte sich (mir) dieser Umstand so konkret wie hier bei unserer “Bezirksschwester Ursel”, die so viele unterschiedliche Lese- und Hörarten hervorbringt.

Wie kann man sich den künstlerischen Erzählformen des DDR-Rundfunks also überhaupt kritisch, das heißt von außen, nähern? Und wie macht man das, ohne selbstgerechte Überheblichkeit?

Der Rundfunk der DDR gründete 1963 innerhalb der Hauptabteilung Dramaturgie eine eigene Feature-Abteilung, übernahm das Genre aus der West-ARD also namensgleich (ein Anglizismus!!) und produzierte bis 1991 über 1000 „Features“. War die Adaption des Genres in den DDR-Rundfunk nach den Perlon-Strumpfhosen, den Jeansjacken und Rolling Stones-Platten ein weiteres Zugeständnis an den westlichen Zeitgeist? Das Feature war schließlich ein Kind des „Feindsenders“ SFB, der stand nur wenige Kilometer jenseits der Mauer, im Schatten des West-Funkturms der Stadt. Von dort kamen die Impulse, wie man im Radio dokumentarisch erzählen kann.
Waren die künstlerischen Formen im Radio, die Literatur, das Hörspiel und das Feature, so etwas wie das Feigenblatt, die Narreninsel, das Hiddensee sozusagen, einer ansonsten linientreuen Medienlandschaft? War das DDR-Radio ein Ort, wo sich Schriftsteller, Schauspieler und Regisseure des Landes tummelten und im Schatten des übermächtigen Staatsfernsehens, zwar unter Beobachtung, aber ungestraft die Grenzen des Sagbaren austesten durften?

Ein “DDR-Feature”, was ist das? Heute. Und vor allem: damals. Zum Beispiel in den 80er Jahren, als dieses Stück entstanden ist? Hätte Teschs “Schwester Ursel” in seiner handwerklichen Machart, im Aufbau und Habitus, in den Grundaussagen der Protagonisten also genauso auch in Wuppertal entstanden sein können? Welchen Stellenwert hatte diese dokumentarische Form im Rundfunk der DDR?

Viele Fragen und es ist früh genug, sie jenen zu stellen, die im Haus des Rundfunks der DDR in der Nalepastraße in Berlin Köpenick gearbeitet haben. Zum Beispiel Torsten Enders, ehemaliger Hörspiel-Dramaturg bei Deutschlandfunk Kultur und davor in der Funk-Dramatik des Rundfunks der DDR:

“In der DDR entstanden viele Produktionen, in denen man Zwischentöne entdecken konnte. Das „zwischen den Zeilen lesen und hören“, das Decodieren von Anspielungen und Andeutungen hatte ein gelernter DDR-Bürger drauf. All das aber gibt es in „Meine Schwester Ursel“ nicht. – Für mich ist dieses Feature ein Propagandaprodukt, wie man es eben immer wieder und überall in den Medien finden konnte.”

„Sätze wie ‚Der Bürger muss Vertrauen finden‘; ‚Wir müssen aufklärend arbeiten‘; ‚Natürlich sind die Bürger auf uns angewiesen‘ (hier schimmert die Arroganz der Macht durch); ‚Zum Wohle des alten Menschen‘ sind nichts als Plattitüden, wie sie in der Presse, in Nachrichtensendungen und eben auch in Rundfunk- und Fernsehreportagen und in künstlerischen Produktionen (Fernsehspiel, Spielfilm, Hörspiel, Feature) präsent waren. Auch dreißig Jahre nach dem Zusammenbruch des Systems ist so eine Darstellung für Menschen mit DDR-Erfahrungen (ehemalige Kader und Funktionäre vielleicht ausgenommen) schwer zu ertragen.“

„Diese Sendung sagt nichts über die spezifische Problematik der Pflege alter Menschen in der DDR aus. Auch Menschen, die in ein Heim gehört hätten, mussten zu Hause versorgt werden, weil es nicht genug Heimplätze gab. In den sogenannten ‚Feierabendheimen‘ lagen manchmal 6 bis 8 Menschen in einem Zimmer!“

„Meine Schwester Ursel“ sehe ich eher als Teil einer permanenten ideologischen Berieselung, der sich große Teile der Bevölkerung 1986 längst entzogen hatten.“

Also alles nur zu spät gekommene Propaganda? Auch bei Minute 32, wenn es nach einem wuseligen Arbeitstag ganz still wird um Schwester Ursel und nur noch der Mann mit dem Mikrofon da ist. Der lässt sich jetzt erzählen, wie die Heldin des Alltags ihre Wochenenden verbringt. Da stockt dann der Erzählfluss für einen Moment, ein Feuerzeug schnippt, ein tiefer Zug an der Zigarette und sie erzählt von ihren geliebten Spaziergängen „raus zu Mutter Grün“.

Giuseppe Maio

 

 

Biografie

Karl-Heinz Tesch (1930–1997) war eine prägende Figur des DDR-Rundfunks. Nach Anfängen bei der Freien Presse und beim Berliner Rundfunk wurde er fest angestellter Feature-Autor bei der Feature-Abteilung im Rundfunk der DDR. Sein Spezialgebiet waren O-Ton-Reportagen, oft mit Kunstkopf-Stereophonie. Nach der Wende baute er die Feature-Abteilung beim Sachsen Radio auf, die später beim MDR ansässig wurde. Bekannte weitere Features von ihm sind: „Heut‘ iss in Pankow Wochenmarkt“ (Rundfunk der DDR 1977), „So spricht des Leben: Die Welt ist mein – Der Wiederaufbau der Dresdner Semper-Oper“ (1979), „Wenn Du hier rauskommst, vergiß uns nicht – Häftlinge des Zuchthauses Bautzen“ (Sachsen Radio 1991).

 

Eine Auswahl seiner „Vorort-Reportagen“ in Kunstkopf-Stereofonie:

„Auf den Zahn gefühlt und Haarscharf vorbei“ – Zwei Kunstkopfstudien (1976)

„Unser Park nebenan – Im Berliner Tierpark“ (Kunstkopf-Stereofonie – 1977)

„Heut‘ is in Pankow Wochenmarkt“ (Kunstkopf-Stereofonie – 1977)

„Doktoren ohne weiße Kittel“ (Kunstkopf-Stereofonie – 1979)

„Tiere wie du und ich“ (Kunstkopf-Stereofonie – 1983)

 

Stichwörter:

DDR; Ostberlin; Gesundheitsdienst; Arbeitswelt

 

Gar nicht so einfach, sich am Leben vorbeizuschleifen

„Ich habe ein RIAS-Stück von 1981 gefunden, das mich fasziniert, vielleicht kennt ihr es: „Gar nicht so einfach, sich am Leben vorbeizuschleifen“, von Andreas Schroth und Gabriele Thaler. Regie: Götz Naleppa. Es ist das Portrait des vermutlich letzten Berliner Scherenschleifers. Ein namenloser Mann, der 1981 schon 85 Jahre alt ist und nach 30 Jahren Wanderschaft immer noch täglich mit seinem Schleifbock durch die Straßen von Westberlin zieht und bimmelnd seine Dienste anbietet und im Gehen über das Gehen, über sein Leben, seinen Lebensweg philosophiert und Leute trifft und schleift und sich unterhält mit Passanten aus einer längst vergangenen Zeit und weiterzieht und müde wird und trotzdem nicht aufhört, dem ihn begleitenden Autorenpaar das Mikrofon zu bespielen. Eine Stimme, die man nicht so schnell vergisst, ausgezeichnet aufgenommen. Wollt ihr das bitte auch mal hören, ich bin gespannt, wie ihr es findet.“

So war der erste Höreindruck. Manchmal ist es nur ein kleines Detail, ein kurzer Moment in einem Original-Ton, in der Stimme und Stimmung eines Protagonisten, die unsere Aufmerksamkeit augenblicklich aufsaugt und uns zu Hörern macht. In diesem Fall liegt diese Stelle schon bei Minute 1’05 und hat mich damit schon sehr früh an das Stück und an diesen Mann gebunden, den wir eine volle Stunde begleiten. Im Hintergrund hören wir Straßenatmo, die Bimmelglocke des Scherenschleifers und ihn selbst im O-Ton: „Dieser Weg … mein Jahrzehnte langer Weg hier … zur Arbeit …“ . Wie so oft im Radio, ist mit einem verschriftlichten Zitat noch nicht viel gesagt, die Stelle will eben gehört werden, in der Stimme dieses müden alten Mannes.

Andreas Schroth und Gabriele Thaler haben ihn auf der Straße begleitet und aufgenommen. Diese bewegten, durch die wechselnden Straßen, Höfe und Hinterhöfe sehr lebendigen Aufnahmen kontrastieren sie wirksam mit ruhigen Gesprächs-Aufnahmen im geschlossenen Raum. So wechseln sich Szene und Reflexion, Handeln und Erzählen wunderbar ab. Wir bekommen vielschichtige Perspektiven auf diesen Mann und durch ein Gespräch mit dem Regisseur des Stückes, Götz Naleppa, auch einen Eindruck davon, wie Anfang der 80er Jahre im deutschen Rundfunk (in diesem Fall im RIAS Berlin) mit Originalton gearbeitet wurde:

„So war es eben damals… Wir haben versucht, die sogenannte Wirklichkeit, was auch auch immer das ist, über die Originalton-Hörspiele stärker ins Hörspiel reinzuholen.“
Es war eine Kollektivarbeit … Letztlich sind das fließende Übergänge zwischen Autorenschaft und Regie … Da hat nicht ein Regisseur eine Form bestimmt, sondern da wurde ein Vor-Einverständnis erzielt mit den Autoren. Und man geht eben mit. Man sitzt nicht in der Redaktion, sondern man geht mit raus und man war damals überhaupt viel draußen in den Straßen von Berlin oder wo eben dann aufgenommen wurde. Dadurch war man nicht nur im Schneideraum zusammen und hat jeden Schnitt gemeinsam entschieden.“

„Sozusagen denen, die keine Stimme haben in der Öffentlichkeit, eine Stimme zu geben.Authentizität – anderen eine Stimme geben Und die Leute ausreden lassen.Sprechweisen – Ausreden lassen Der Mensch, der spricht, steht im Vordergund, nicht ein fragender Journalist, der Gesagtes auf Aussage hin zerschneidet. Versprecher und Zögerer wurden drin gelassen, denn darin steckt eine Aussage über die emotionale Situation, in der sich ein Mensch befindet … Und manchmal sogar, was geradzu vermieden wird heutzutage: dass man die Stellen, an denen geschnitten wurde, nicht überblendet und vertuscht, sondern geradezu markiert: Hier ist manipuliert worden, hier hat man eingegriffen in das aufgenommenen Original.“Machart & Erzählstrategien – markierte Schnitte

„Wenn ich es aus dem Abstand höre, denke ich, manche Sachen sind vielleicht ein bißchen zu ideologiebelastet gewesen, bißchen zu lang auch. Wir haben eben wenig kritische Distanz zu den Produkten gehabt, aber das hat man ja immer, wenn man verliebt ist.“

Giuseppe Maio

Unsere Reaktionen

Zwei Dinge hat dieses Stück, die heutige Produktionen nicht haben: es reicht historisch weiter zurück – ein Zeitzeuge des Wilhelminismus – und der Sound – ein dynamisches Reportermikrofon? – hat eine Grobkörnigkeit, die mit dem Typ, der da spricht, ideal korrespondiert.

Oral history. Gute Aufnahmen. Man ist mit ihm in Berlin unterwegs. Gut geschnitten.“

„Hatte erst überhaupt keine Lust auf noch einen Ein-Mann-Monolog und noch ein aussterbendes Handwerk.“

Dieser alte anarchistische Pazifist mit dem schweren Leben, der immer in die Hinterhöfe pfeift und seine Sätze so merkwürdig ausstößt (asthmatisch? militärisch? wie eine Dampfmaschine?), der offensichtlich schon viel geredet hat in seinem Leben – ich habe ihm gerne zugehört.

Gespräch mit Götz Naleppa, dem Regisseur dieses Stücks

 

Zum Hörspiel-Kollektiv der 70er Jahre

Zum Scherenschleifer

Zur Gattung Oton-Hörspiel 1

Zur Gattung Oton-Hörspiel 2

Zur fehlenden Distanz in der Liebe

Zum Label Feature

 

Stichwörter:

Scherenschleifer; Westberlin; Auf der Straße; Arbeitswelt; Handwerk

 

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