Einordnen und Bewerten

„Das Zusammenfassen, Einordnen, Kontextualisieren und auch Bewerten nimmt breiten Raum ein und klingt – mit dieser Diktion und dieser Sprecherin – auch manchmal etwas offiziös. Würde man heute anders machen.

keine storytelling

Wer so aufwändig die Umstände seiner Tonaufnahmen inszeniert, ist kein Illusionist. Er will das Publikum nicht in eine Geschichte hineingeziehen oder von einer spannenden Dramaturgie fesseln. Hier gibt es keine Protagonisten oder Konflikte und keine Entwicklung. Protagonist ist der Autor, der sich einem Phänomen zuwendet und seine Assoziationen spielen lässt. Der Autor agiert als Ethnologe, für den die ganz hohe Hochkultur und die zivilisatorischen Alltagsprodukte auf einer Ebene liegen.

Leute als Mitautoren

Also ich mach mir weniger Gedanken darüber, wessen Geschichte es ist als darüber, wie gut ist die Geschichte und ist es nicht ein bisschen verlogen draufzuschreiben: eine Geschichte von Hermann Bohlen. Jedenfalls in dem Moment, wo ich die Leute so einbinde und zu Mitautoren mache, und das mach ich sie mit dieser Methode, in dem Moment könnte man auch sagen, dann müssten die Leute mit in die Autorenzeile hinein.

Hadern mit der eigenen Rolle

„dieses Anbiedern im kamelhaargefütterten Mantel, dies verständnisvoll das richtige herzliche Wort im richtigen Augenblick sagen, den Kindern womöglich einen Bonbon zustecken und der tapferen Mutter fest die Hand drücken und den Eindruck hinterlassen des guten Onkels, der das Herz auf dem rechten Fleck hat. Ich will weg. Ich habe genug gesehen.“

Meta-Äußerungen zum Feature

– Ich kann kein Feature schreiben.
Ein Feature, das ist keine Kunst.
Ich schreibe Romane.
[…]
Ein Feature, das gibt es gar nicht.
Das ist sowas wie das Interview oder das Hörspiel nach 45.
Eine pure Heuchelei:
Alte Nazis, die so tun, als seien sie realistische Amerikaner.

Literaturstars als Featuremacher/innen

Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die auch fürs Radio arbeiten, aber keine genuinen Hörspiel- oder Featureautoren sind, wären eine eigene Untersuchung wert. Oft liefern sie einfach Texte, die eben in diesem Medium verbreitet (und vor allem von ihnen bezahlt) werden. Manchmal aber kommen von ihnen nolens volens Impulse fürs Radio, die die Featurezunft spät und zögerlich wahr- und aufnimmt.

Kunst der Indirekten Rede

Dabei entfaltet die Autorin eine spezielle Kunst der indirekten Rede, mit der sie dicht am Gesprochenen bleibt und sich gleichzeitig distanziert … Durch den Modus der indirekten Rede entsteht so etwas wie ein grammatisch gebrochener O-Ton, gleichzeitig prägnant und schwebend, wirklichkeitsgesättigt und artifiziell, irgendetwas zwischen detaillierter Reportage und Psychogramm eines Dorfes.

Führt der Autor die Protagonistin vor?

Wird die Bibliothekarin Frau Dr. Ziegler in Lisseks Feature vorgeführt?

suchender statt allwissender Autor

Als nachfragende, staunende, und manchmal ratlose Stimme und nicht als wissende oder einordnende Instanz

Ich werte nie!

An keiner Stelle analysiert Paul Kohl das Geschehen, nirgends bewertet oder beurteilt er, was seine Protagonisten sagen. „Ich werte nie! Ich muss das so hinstellen, dass der Hörer automatisch es selbst bewertet“.

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